In meinem letzten Blog-Beitrag habe ich ja bereits verkündet, dass ich die Zusammenführung meiner beiden Mohrenkopfpapageien mit Euch teilen werde. Heute ist es nun soweit. Das erste Aufeinandertreffen von Naturbrut und Handaufzucht war anders als erwartet. Im Folgenden erfährst Du, was genau geschehen ist und wie das Zusammenleben meiner beiden Papageien heute ausschaut.
Chico – die Naturbrut
Vor etwa 2 Jahren haben wir Chico von einem regionalen Papageienzüchter gekauft. Beim Züchter hatten wir ein Termin vereinbart um ein Ziegensittich-Pärchen zu kaufen. Nachdem der Züchter uns seine Volieren mit dutzenden bunten Papageien- und Sitticharten zeigte, ist die Entscheidung aber auf Chico – unseren Mohrenkopfpapageien – gefallen.
Über Mohrenkopfpapageien haben wir zu dem Zeitpunkt nicht viel gewusst, aber das Aussehen hat uns überzeugt. Chico hatte ein glänzendes Federkleid, eine gelbe Färbung am Bauch, die wie ein V-Ausschnitt an ihm lag und einen hellgrauen kleinen Kopf mit einem spitzen Schnabel. Er war zu diesem Zeitpunkt 8 Monate alt. Wir wollten unbedingt eine Naturbrut. Chico war glücklicherweise eine Naturbrut.
Chico hatte zusammen mit vielen weiteren Mohrenkopf- und Meyerspapageien in einer Außenvoliere gelebt. Der Züchter sagte uns, dass Chico zwar eine Naturbrut, aber dennoch handzahm ist. Da wir uns vorher auf ein Ziegensittich-Pärchen einigten und aufgrunddessen nur wenig Geld dabei hatten, hat das Geld leider nur für Chico gereicht. Wir konnten uns an diesem Tag leider keinen Partner für ihn leisten. Wir fragten den Züchter, ob es keine negativen Auswirkungen für Chico haben könnte, wenn er vorerst alleine leben würde. Der Züchter versicherte uns, dass Mohrenkopfpapageien ganz gewiss alleine leben können. Wir müssen uns keine Sorgen machen.
Viele Züchter haben rein monetäre Absichten mit der Papageienzucht. Bitte informiere Dich vorher sorgfältig über die Papageienart und den Züchter und mach´ Dir dann ein genaues Bild vor Ort, damit Du nicht diese Art von Züchtern unterstützt.
Der erste Freiflug – Willkommen daheim
Zuhause angekommen haben wir Chico zunächst sein neues Zuhause gezeigt. Wir haben ihn zuerst in seine Voliere gebracht, damit er sich dort von der Rückfahrt erholen kann. Als wir ihn nach einigen Stunden aus der Voliere frei ließen, damit er seinen ersten Freiflug in der Wohnung genießen kann, ist er sofort in Windeseile durch das Zimmer geflogen. Er flog recht souverän und selbstbewusst, bis er dann gegen das erste Hindernis stieß. Er hatte wohl seine Geschwindigkeit unterschätzt und ist an die Wand gestoßen. Chico, der Bruchpilot, stürzte zu Boden. Er rappelte sich aber schnell wieder auf und flog weiter umher.
Es kommt sehr oft vor, dass Papageien beim ersten Freiflug in der Wohnung gegen Hindernisse fliegen und stürzen. Sollte dies geschehen, rappeln sich die Bruchpiloten meist schnell wieder auf. Sollte Dein Papagei für längere Zeit am Boden liegen, hebe ihn ganz vorsichtig auf und schau Dir seinen Zustand an. Sollte er Blutungen haben, solltest Du einen Tierarzt aufsuchen. Es könnte nämlich sein, dass er sich Knochen gebrochen haben könnte.
Nach etwa 5 Minuten ruhte er sich dann auf einem höher gelegenen Platz aus. Mithilfe eines Stocks konnten wir ihn in seinen Papageienkäfig befördern. Handzahm und zutraulich, wie der Züchter ihn vor Ort beschrieb, war er aber keinesfalls. Ganz im Gegenteil. Er war aggressiv und scheute sich vor unseren Händen, weswegen wir ihn immer nur mit einem Stock in sein Käfig bringen konnten.
Die ersten Tage im neuen „Nest“
Innerhalb seines Papageienkäfigs fühlte sich Chico pudelwohl. Er fühlte sich, für unsere Verhältnisse, etwas zu wohl, sodass er gar nicht erst rauskommen wollte. Futter, welches wir ihm durch die Gitterstäbe anboten, lehnte er strikt ab. Sobald wir uns der Voliere näherten, bewegte er sich in die entgegengesetzte Richtung.
Wir kontaktierten daraufhin den Züchter und erzählten ihm von Chico´s Verhalten. Uns schien Chico alles andere als handzahm zu sein. Der Züchter antwortete, dass wir 5 Tage warten sollen. In dieser Zeit würde Chico sich an das neue Umfeld gewöhnen und wieder handzahm werden. Wir haben uns also ein zweites Mal von ihm einlullen lassen. In den folgenden Tagen hat Chico sich zwar etwas beruhigt und war auch nicht mehr so scheu wie zu Beginn, aber als handzahm konnte man ihn weiterhin nicht bezeichnen. Bei den Versuchen ihn auf unsere Hand zu locken, haben wir seinen anfangs beschriebenen, spitzen Schnabel des Öfteren zu spüren bekommen.
Dies war der Punkt, an dem wir uns allmählich Sorgen um ihn machten. Wir haben nun nach einer Partnerin für Chico Ausschau gehalten. Dieses Mal haben wir aber ganz speziell nach einer weiblichen Handaufzucht gesucht. Nach einiger Recherche im Internet habe ich dann mit einer Papageienzüchterin telefoniert, die langjährige Erfahrung mit der Zucht von Mohrenkopfpapageien vorweisen konnte. Die Dame hielt meist nur Naturbruten. In Ausnahmefällen züchtete sie die Vögel auch von Hand. Somit kam diese Züchterin für uns in Frage. Zum Zeitpunkt des Anrufs hatte die Züchterin „glücklicherweise“ ein Gelege, welches von der Papageienmutter nicht mehr betreut wurde. Unter einem dieser handaufgezogenen Jungtiere war auch unser zweiter Mohrenkopfpapagei Coco dabei. Im Alter von 5 Monaten wurde uns Coco mit einem Tiertransport dann endlich zugeschickt. 7 Tage nach Chico sollte also ein weiteres Familienmitglied unsere Wohnung bereichern.
Coco – die Handaufzucht
Die Papageienzüchterin teilte uns am Morgen mit, dass sie Coco dem Tiertransportunternehmen übergeben hat. Der Weg führte von Leipzig nach Frankfurt. Am späten Nachmittag, nach 6 Stunden Fahrt, klingelte es dann an der Tür. Wir konnten es kaum erwarten Coco zu begrüßen und sie Chico vorzustellen. Als wir die Transportbox öffneten, um sie zu begrüßen, erwarteten wir ein ähnliches Szenario wie bei Chico. Wir haben vorsichtshalber alle gefährlichen Gegenstände und Hindernisse aus dem Weg geräumt. Dieses Mal wurden wir überrascht. Aus der Transportbox schlenderte nun Coco raus, die mit kreischender Stimme auf sich aufmerksam machte. Sie hatte keinerlei Scheu und lief auf uns zu, als wäre es das normalste der Welt. Coco hatte ebenfalls einen gelben Bauch, allerdings war bei ihr das Federkleid nicht glänzend und eben. Sie war eher zerzaust und sah lustig aus. Sie ließ sich vom ersten Moment an streicheln und füttern. Das war ein ganz ungewöhnliches Gefühl für uns, da wir zuvor Chico tagelang vergebens versuchten, zu streicheln und zu füttern. Nun war es an der Zeit die beiden Artgenossen aneinander vorzustellen.
Das erste Aufeinandertreffen
Chico bemerkte schnell, dass etwas anders ist als sonst. Er vernahm eigenartige Laute, die er bei uns in der Wohnung noch nie zuvor hörte. Nun hatten wir für einen kleinen Moment zwei kreischende Papageien im Haus. Wir ließen Chico aus seiner Voliere und beobachteten das erste Aufeinandertreffen der beiden. Chico war zunächst zurückhaltend. Er traute sich nicht so recht an sie ran, weil Coco sich bei uns auf der Schulter befand. Es war dem scheuen Vogel wohl unerklärlich, wie man freiwillig die Nähe zu Menschen suchen kann. Nach einigen Augenblicken kam Chico tatsächlich freiwillig in unsere Nähe, auch wenn er nur die Absicht hatte den Nauankömmling zu inspizieren.
Wie es sich für ein Gentleman gehört, biss er ihr erstmal zur Begrüßung in die Schwanzfedern. Coco war von dieser Begrüßung überhaupt nicht angetan und suchte das Weite. Nun fingen beide an wie wild in der Wohnung zu fliegen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen beide zur Ruhe. Wir hatten die Sorge, dass sie sich nicht verstehen werden. Uns war noch nicht einmal klar, ob die beiden jemals miteinander kommunizieren werden können, da Coco ganz offensichtlich auf den Menschen fehlgeprägt war. In den kommenden Tagen und Wochen haben wir ganz erhebliche Verhaltensunterschiede feststellen können.
Verhaltensunterschiede zwischen Chico und Coco
Während Chico die Trockenfrüchte mit dem Füßen hielt und aß, hat Coco wie eine Henne ihren Kopf in die Futterschale gehalten und gefressen. Während Chico sein Gefieder täglich pflegte und putzte, hat Coco sich völlig gehen lassen. Chico gönnte sich nahezu täglich ein Bad, Coco hingegen versteckte sich in einer sicheren Ecke, um bloß nicht nass zu werden. Selbst die Laute, die sie von sich gaben, waren völlig unterschiedlich. Es gab zu Anfang auch einige Revierkämpfe, die Chico aber alle für sich entscheiden konnte. Nach dem die Rangordnung innerhalb der Voliere klargestellt war, kehrte ein wenig Ruhe in den Papageienkäfig.
Mit der Zeit haben wir beobachten können, dass sie miteinander Balztänze geführt haben. Das Zusammenleben wurde von Tag zu Tag harmonischer. Abends knirschten sie im Kanon die Schnäbel, am Morgen aßen sie gemeinsam Trockenfutter und Früchte. Coco lernte auch schnell, wie man mit den Füßen das Futter halten kann und scheute sich auch nicht mehr vor einem Bad. Seit einiger Zeit pflegen sie nun das Gefieder des anderen. Wir konnten kurze Zeit darauf sogar feststellen, dass sie sich gegenseitig fütterten. Bei der gegenseitigen Fütterung würgen sie das Gefressene aus dem Magen wieder hoch und füttern den Partner damit. Ist das nicht romantisch?
Fazit
All die beschriebenen Verhaltensmuster sind klare Indizien für ein Papageienpaar. Unsere anfänglichen Sorgen einer erfolglosen Zusammenführung von Papageien unterschiedlicher Elternhäuser hat sich glücklicherweise schnell in Luft aufgelöst. Heute sind die beiden ein glückliches und unzertrennliches Pärchen. Chico´s Verhalten uns gegenüber hat sich seit der Zusammenführung mit Coco auch extrem gebessert. Coco hat vieles von Chico lernen können und Chico wiederum einiges von Coco. Ohne Coco´s Hilfe hätte die Zutraulichkeit von Chico wahrscheinlich eine längere Zeit in Anspruch genommen.
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Danke für´s Lesen 🙂
Ich halte seit über 23 Jahre Nymphensittiche, darunter Naturbruten und Handaufzuchten. Allerdings handelt es dabei „nur“ um Teilhandaufzuchten, die nie isoliert von Gleichartigen waren. Direkt nach Abgabe kamen sie jeweils in meinen Schwarm. Manche Nymphies brauchten etwas Zeit um Vertrauen zu entwickeln, wenige ließen sich direkt am gleichen Abend kraulen, einzelne waren fast ängstlich und brauchten eine lange Zeit um „nur“ auf die Hand zu kommen. Nur 1 kleine Henne war deutlich fehlgeprägt. Aber ALLE kamen super schnell im Schwarm klar und haben früher oder später einen Partner gefunden; welcher dann auch an erster Stelle steht, nur die kleine Fehlgeprägte läßt sich lieber von mir kraulen als von ihrem Mann 😉 Andere nutzen beides: Partner und mich. Alle Verhaltensunterschiede liegen schlicht in der Persönlichkeit, in der Eigenart 😉 2 Paare, alle 4 (Teil)Handaufzuchten, haben erfolgreich gebrütet. Niemand wird oder wurde gerupft. Keiner ist ein Schreier. Noch nie (!) wurde ich von einem zahmen Vogel gebissen.
Meine persönliche Erfahrung geht in die Richtung, dass bei Teilhandaufzuchten die Haltung das Entscheidende ist! Bei reinen, teils isolierten Handaufzuchten mag das alles wieder anders sein! Dazu kann ich nichts berichten, da ich keine solche habe. Ich würde mir insgesamt mehr Aufklärung und weniger Verurteilung wünschen. Ich würde mir wünschen, wenn nicht nur negatives nachgeplappert werden würde. Vorurteile nützen weniger – tatsächliche Erfahrungen wären gefragt, aber viele trauen sich (wegen den Anfeindungen) gar nicht zu sagen, dass sie überhaupt Handaufzuchten haben!
Ich habe einen tollen, harmonischen Schwarm mit 8 Nymphies im Vogel- Zimmer, die jetzt seit einigen Jahren fest zusammen sind. Unterschiede gibt es keine. Auch die Zahmheit des Einzelnen liegt mehr im Charakter des Vogels als in der Art der Aufzucht!
PS: Grundsätzlich bin ich nicht für kommerzielle Handaufzuchten, das möchte ich noch deutlich betonen!
Hallo Juli,
vielen Dank für deinen wertvollen Erfahrungsbericht
Wie in dem Beitrag beschrieben, gibt es begründete Situationen, in denen es sogar unabdingbar ist, Jungtiere per Hand aufzuziehen. Fakt ist aber auch, dass es genügend Züchter gibt, die eine Naturbrut bewusst unterbinden, da sie handzahme Vögel heranzüchten möchten, die für „teureres“ Geld an den Mann gebracht werden. Meine Meinung ist, dass man der Natur seinen Lauf lassen und nicht dazwischen funken sollte. Es tut mir Leid, wenn ich den Beitrag missverständlich geschrieben haben sollte.
Ich finde es super, dass sich Deine Teilhandaufzuchten (bis auf eine Ausnahme) so prächtig entwickelt und gut in die Gruppe integriert haben.
Viele Grüße,
Burak
Huhu Burak,
nein, dein Bericht ist nicht missverständlich! Und er ist gut! Und letztlich sehe ich es genau so!
Da wir aber nun mal Handaufzuchten haben und das vermutlich nicht ändern können, sollten Erfahrungen berichtet werden. Meine dient auch dazu, dass es nicht immer problematisch sein muss, wenn man Handaufzuchten vergesellschaften möchte. Auch hier betone ich immer: ich kenne nur Teilhandaufzuchten.
Selbst die besagte kleine Henne hat einen Mann und ist bestens im Schwarm integriert. Wäre sie aber in Einzelhaft gelandet…wäre sie vielleicht ein Problemfall geworden. Zwei meiner Hähne sind das genaue Gegenteil, da würde NIE jemand auf die Idee kommen, dass sie Handaufzuchten sind! Weshalb es -erfahrungsgemäß bei Nymphensittichen- eigentlich unnötig ist, kommerziell in die Brut einzugreifen. Es liegt nämlich viel mehr am Charakter des Vogels, wie zahm er wird…und eben auch daran, wie man mit ihm umgeht und wie man ihn hält. Diesen Aspekt finde ich sehr bemerkenswert! Viele werden nämlich auch ohne Handaufzucht zahm, und das auch im Schwarm; man braucht meist nur etwas mehr Geduld. Was aber eigentlich eher gut ist, weil man so die Tiere und ihr Verhalten besser verstehen lernt.
Das ist meine Erfahrung und meine „message“, die ich gerne anbringen möchte 🙂 Danke dafür!
Es ist toll, dass auch deine beiden Süßen zueinander gefunden haben und du ihnen aber auch die Möglichkeit dazu gegeben hast 🙂 Und ich mag deine Seite hier – und auch „PapaGeil“ Es wirkt alles fundiert, mit Herz und Verstand an der Sache und nicht überspannt oder überzogen, wie bei manchen selbsternannten Papageienkenner. Beste Grüße – Juli